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Berufsunfähigkeitsversicherung - die Basics

Berufsunfähigkeit (BU) im Beratungsalltag

 

Die Berufsunfähigkeitsversicherung ist eine der wichtigsten und existenziellsten Versicherungen überhaupt! In diesem umfangreichen Artikel geht es um die Basics und auch viele Fragen, und Gedanken, die man hat, wenn man beginnt sich mit dem Thema BU auseinander zu setzen.

 

In meinen täglichen Beratungen basiert nahezu alles darauf, zuerst einmal die persönliche Arbeitskraft abzusichern, ehe es an weitere Themen wie Geldanlage und Vermögensaufbau geht. Ist die Arbeitskraft nicht optimal abgesichert, steht der Rest nämlich doch auf recht wackeligen Beinen. Meine Kunden sind überwiegend Akademiker (Ingenieure, Wissenschaftler, Mathematiker, Betriebswirte uvm.) in Berufen, in denen hauptsächlich der Geist - nicht unbedingt der Körper - auf Höchstleistungsniveau arbeitet. Sichere Bürojobs? Nicht unbedingt, wenn man weiß, was die häufigste Ursache für eine Berufsunfähigkeit eigentlich ist.. Doch später mehr dazu.

 

Fast täglich berate ich zum Thema Berufsunfähigkeit, bereite mit meinen Kunden sogenannte Risikovoranfragen vor, bei denen wir anonym alle Angaben zu Beruf, Hobbies (z.B. Bergsport) und persönlichem Gesundheitszustand (z.B. Heuschnupfen uvm.)  professionell aufbereiten. Nach Antwort des individuellen Votums der jeweiligen Versicherungsgesellschaft werte ich die Ergebnisse für meine Kunden aus und kann dann auch eine Empfehlung aussprechen. Jeder, der über mich zu seiner BU gekommen ist, weiß, wie komplex und vielschichtig das Thema ist. Daher möchte ich euch ein paar Basics zu diesem Thema mit auf den Weg geben. 

 

Definition: Was leistet eine Berufsunfähigkeit?

Wer zu 50% nicht mehr das tun kann, was er davor gemacht hat (seine zuletzt ausgeübte, berufliche Tätigkeit), und  das für die Dauer von mindestens 6 Monaten oder länger, ist laut Definition bereits berufsunfähig!

 

Brauche ich eigentlich eine BU?

Selten, aber ab und zu bekomme ich folgende Aussagen zu hören: "ich habe doch einen ungefährlichen Bürojob, da werde ich doch nicht berufsunfähig". Oder "Ich könnte ja sogar im Rollstuhl noch arbeiten." Klingt eigentlich logisch und ist deswegen auch absolut nicht verwerflich, wenn man zunächst grundsätzlich Überlegungen anstellt und sich fragt, ob man selbst einen solchen Vertrag benötigt. Die kurze Antwort: Du benötigst - vorausgesetzt du lebst von deinem Einkommen - auf jeden Fall eine BU!

 

Denn: Die häufigsten Krankheiten und Beschwerden, die den Kunden dazu veranlassen bei der Versicherung einen Antrag auf Berufsunfähigkeitsrente zu stellen sind folgende: (Quelle Morgen&Morgen, Stand 04/2021):

 

31,88 % Nervenkrankheiten & Psyche, dazu gehören z.B. Burnout, Depression, Überlastung, Tinnitus etc.

20,33 % Erkrankungen des Skelett- u. Bewegungsapparats, das kann z.B. so etwas wie ein Bandscheibenvorfall sein

17,77 % Krebs und bösartige Knoten/Geschwülste

14,58%  Sonstige Erkrankungen

8,38%    Unfälle

7,03 %   Erkrankungen des Herzens und des Gefäßsystems

 

Hier wird also schnell klar, dass keiner von uns sicher ausschließen kann, bis zum Renteneintrittsalter mit 67 (Stand 06.2021, das sich ja ggf. noch ändern kann) normal durchzuhalten. Jeder 4. wird laut Statistik vorher schon berufsunfähig.

 

Brauche ich als Student schon eine BU? 

Besonders als Student hat man hohe Chancen noch gesund und jung genug sein, um an den wertvollen Versicherungsschutz zu gelangen. Aber auch im Bezug auf den angestrebten Beruf ist es schon hier sinnvoll, sich so früh wie möglich abzusichern.

 

Brauche ich als Beamter eine BU?

Ja, der Staat umsorgt dich hier mehr, als einen normalen Angestellten. Aber erst im Laufe der Zeit ist dein Ruhegeldanspruch zur vernünftigen Größe angewachsen, sodass es dir zum Leben reicht. Beamte haben zusätzlich das Problem, dass sie nicht zwingend (siehe Definition oben) berufsunfähig sein müssen, sondern der Dienstherr sie auch als "dienstunfähig" deklarieren kann. Daher brauchen Beamten eine sogenannte DU = Dienstunfähigkeitsversicherung. Und auch ein anderes Konstrukt, das gerade die ersten 5 Jahre mehr auffängt und sich in späteren Jahren mit Anwachsen des Ruhegehalts wieder senkt. Ein dynamisches Konzept also.

 

Aber..der Staat wird´s doch richten, oder? Gab es nicht noch eine Leistung vom Staat bei BU?

Ja, die gab es. Allerdings nur noch für die, die vor dem Jahr 1961 geboren wurden. Kurz gesagt: wenn das nicht auf dich zutrifft, dann gibt es hier keine Leistung mehr. Was es noch gibt ist die sogenannte EMR = Erwerbsminderungsrente. 0-3 Stunden = volle EMR, 3-6 Stunden = halbe EMR. Dabei musst du versicherungsrechtliche Kriterien vorher schon erfüllt haben und es wird geprüft, ob du irgendeinen Job ausüben kannst. Egal was du studiert oder vorher gemacht hast.

Kurz gesagt: Du kannst dich darauf nicht verlassen und die Renten-Höhe ist einfach viel zu gering (ca. 10-20% bei halber EMR/ ca. 40% vom vorherigen Brutto bei voller EMR) und schließt manche Berufsgruppen wie Studenten oder Selbstständige völlig aus. Es führt eigentlich kein Weg an einer  echten BU vorbei!

 

"Ach, wenn ich berufsunfähig werde, ziehe ich zurück zu meinen Eltern und spare Geld."

Das funktioniert, solange du jung bist und Single und noch keine eigene Familie hast, vielleicht. Die meisten Eltern würden wohl auch in Notsituationen wie diesen auch ihre Hilfe anbieten. Die Frage wäre, ob du deine Eltern noch damit belasten möchtest. Zudem ist es natürlich auch möglich, dass  du berufsunfähig wirst, und es bis dahin deine Eltern gar nicht mehr gibt. Oder du berufsunfähig wirst und deine Frau und deine 2 Kinder sich fragen, wo sie dann bleiben. 

Es hilft unglaublich, sich solche ganz konkreten Situationen vorzustellen und auch zu bedenken, dass man sich im Leben ja an unterschiedlichen Stationen befinden kann (z.B. wenn du gerade selbst mit deiner eigenen Familie ein Haus baust und finanzierst ist das etwas anderes, als wenn du in einer Berufseinsteiger-WG wohnst und sonst noch keine Verpflichtungen hast) und außerdem einfach nicht  weiß, wann dann der BU-Fall eintritt.

 

"Ach, ich spar mir die Kosten für die BU und lege das Geld einfach selbst an!"

Auch das ist gar kein so abwegiger Gedanke. Eine BU ist keine billige Angelegenheit und der " innere Schwabe" (den jeder von uns ein bisschen in sich trägt) kommt meistens genau auf diese Idee. Warum das nicht funktionieren wird, zeige ich dir in einem kurzen, vereinfacht dargestellten Rechen-Beispiel:

 

Sagen wir, deine BU kostet im Monat 68 €. Bei einem 30-jährigen der bis zum 67. Lebensjahr seine BU bezahlen muss, kommen in Summe (keine Dynamiken eingerechnet) 30.192 € an Beiträgen zusammen. Puh, ja dein "innerer Schwabe" drängt dich gerade sehr stark dazu, auf keinen Fall eine BU abzuschließen und das Geld gewinnbringend an der Börse zu investieren.

 

Gleicher Kunde hat Lebenshaltungskosten von 2.000 € monatlich. Sein Einkommen fällt jetzt auf 0 € und er muss aus seinen Ersparnissen und Reserven leben. Bevor er Hartz IV beantragen kann, müssen erst einmal seine Reserven, die er sich mühevoll ausgebaut hat, aufbrauchen. Somit wäre er generell gezwungen, z.B. seinen ETF-Sparplan vorzeitig aufzulösen, was im Regelfall dazu führt, das gar nicht die Rendite erwirtschaftet werden kann, die für die angenommene Zeit geplant war. Aber mehr dazu in einem anderen Beitrag zum Thema Geldanlage.. Rechnen wir einmal mit der Annahme, dass er für den Rest des Lebens monatlich ca. 2.000 € benötigt, und mit keinen besonderen Kursgewinnen sowie ohne Inflation.

 

1) Kunde wird nach 1 Monat BU: Zahlt er einen Monat seine 68 € ein, wird im nächsten Monat berufsunfähig hat er  einen Kapitalstock von...68 € zur Verfügung. (Oder vielleicht 70 €, wenn er ein paar € Gewinn gemacht hat. Oder auch nur 65 €, wenn er ein paar € Verlust gemacht hat.) Das reicht einfach für nichts!

2) Kunde wird nach 5 Jahren BU: 4.080 €+/- stehen zur Verfügung. Das reicht um 2 Monate Berufsunfähigkeit zu überbrücken

3) Kunde wird nach 25 Jahren BU: 20.400 +/- stehen zur Verfügung, das reicht um 10 Monate Berufsunfähigkeit zu überbrücken

 

Würde er von Anfang an das Risiko der Berufsunfähigkeit mit einer Versicherung absichern, hätte er ab dem 1 Tag eine BU-Rente in einer Höhe, die  er braucht und auch die Möglichkeit, die Rente anzupassen. Erreicht er die Nähe des Rentenalters und hat dann genug Geld parallel aufgebaut kann der Vertrag, sobald man finanzielle Freiheit errungen hat - auch einfach gekündigt werden.

 

 

Die Risikoprüfung in der BU

Bevor wir ins Detail gehen (sollten) ist der allererste Schritt folgender: Wir sprechen über deine Gesundheit! Sehr ausführlich, was auch im ein oder anderen Moment unangenehm sein kann. Daher empfehle ich einen unabhängigen Berater bzw. unabhängige Beraterin zu wählen, zu der generell ein gutes solides Vertrauensverhältnis herrscht. Wer möchte schon so intime Informationen mit jemandem teilen, den man schon von Anfang an nicht leiden kann?

 

Was der Versicherer wissen möchte sind im Regelfall die letzten 5 Jahre deiner Krankheitshistorie, bei schwerwiegenderen Themen wie Krankenhausaufenthalten oder dem Thema Psyche teilweise auch 10 Jahre. Meistens erinnert man sich noch gut an die vergangenen Jahre. Doch was länger in der Vergangenheit liegt ist nicht immer eindeutig. Ganz klar empfohlen wird hier, sich hier einfach seine Patientenakten anzufordern. Je nach individueller Situation genügt es manchmal beim Arzt (bei dem alle Fäden zusammenlaufen) die Patientenakte anzufordern. In anderen Fällen macht es mehr Sinn einfach bei seiner Krankenversicherung nachzufragen und sich die gesamte Historie zukommen zu lassen. Ein häufiges Problem ist, dass bestimmte Ziffern für  die Abrechnung anders erfasst sein können, als du sie selbst in Erinnerung hast. Z.B.: du hast dich für eine Prüfung in deinem Studium krank schreiben lassen - in deiner Akte steht "Prüfungsangst", was jetzt nicht gerade förderlich ist, da dies leicht in den Bereich "Psyche" eingeordnet werden kann, was es uns verdammt schwer machen kann, noch überhaupt Versicherungsschutz zu bekommen.

 

Ja, die Versicherungen sind verdammt streng! Und gnadenlos. Man muss sich aber natürlich auch in die Rolle es Risikoprüfers hinein versetzen, welcher von der jeweiligen Versicherung bestellt wird, um dafür Sorge zu tragen, dass die Versichertengemeinschaft vor zu hohen Risiken einzelner geschützt wird.

 

Beispiel:

Ein Versicherer hat in einem Jahr ganz besonders viele BU-Fälle, die auf ein erhöhtes Körpergewicht zurück zu führen sind: Folge: in den Jahren darauf werden die Risikoprüfer ganz besonders darauf achten, nur Personen Versicherungsschutz anzubieten, die einen halbwegs akzeptablen BMI Wert aufweisen oder - in Fällen wo z.B. der BMI kritisch wird - einen Risikozuschlag zu erheben. Nochmal: die Versicherungsgesellschaften sind keine Unmenschen, aber diese Art der Selektion schützt im Grunde alle Versicherten inklusive dir selbst und nur so kann der Versicherer auch Beitragsstabilität gewährleisten.

 

Aber keine Angst! Bist du in guten Händen, so wird der Berater deines Vertrauens dir bei allem helfen. Bei der anonymen Risikovoranfrage, bei der Aufbereitung deiner Gesundheitsdaten und beim Einholen des Votums aller für dich relevanter Versicherungen. So ist es am Ende möglich auch für den Berater einen guten Rat zu geben.

 

Nehmen wir nochmal ein Beispiel:

 

Ein 28-jähriger Kunde, Fachrichtung Wirtschaftsingenieurwesen möchte eine BU abschließen. Er hatte sich beim Sport mehrere Jahre hintereinander die Bänder des rechten Sprunggelenks gerissen. Die 3 Versicherungen die in der engeren Auswahl stehen sehen den Fall unterschiedlich und bieten an:

Versicherer A: Ausschluss Sprunggelenk rechts

Versicherer B: Beitragszuschlag 15 %

Versicherer C: Ausschluss Sprunggelenk rechts und Nachschaumöglichkeit nach 3 Jahren mit Option auf Wiedereinschluss

 

Auch hier: es geht immer um eine individuelle, ganz persönliche Empfehlung gemäß der jeweiligen Lebenssituation und den eigenen Wünschen, die du hast. 

 

Und generell? Welche Antworten gibt es bei einer Risikovoranfrage?

Die Antworten könnten z.B. so aussehen:

  • Normalannahme möglich = Der Versicherer nimmt dich so wie geplant! Glückwunsch!
  • Ausschluss = z.B. rechtes Sprunggelenk, linker Knöchel etc.
  • Risikozuschlag = für ein Hobbie oder wenn das Risiko der Gesundheit erhöht ist, z.B. 50% Zuschlag für Bergsport, 25% Zuschlag wegen...?
  • Ablehnung = Leider will der Versicherer dich nicht als Kunde. Aber keine Sorge, auch hier gibt es wieder einen Plan B oder C..und auch andere Alternativen

 

Abschluss der richtigen BU-Rentenhöhe

Ok, weiter geht es: Nehmen wir mal an den aufwändigen Teil der Risikovoranfrage ist erledigt und wir wissen, welcher Versicherer es bei dir werden soll. Wie viel € BU-Rente müssen wir dann eigentlich absichern? Ich weiß, du wirst es vermutlich schon ahnen: es ist auch hier wieder individuell. Jedoch habe ich 2 Faustformeln für dich, wie wir uns an die passende BU-Absicherungshöhe heran tasten können:

 

1)  80 Prozent vom derzeitigen Netto als allgemein gültiger Annäherungswert

2) Wir setzen deine Ausgaben in Relation zu deiner freien Liquidität und ergänzen diese ggf. um einen Puffer

 

Beispiele:

Max verdient 2.500 € Netto im Monat, seine Lebenshaltungskosten belaufen sich auf 2.250 €. Wählen wir pauschal 80% seines Nettoeinkommens so kommen wir auf 2.000 € monatliche BU-Rente. Hier wäre sogar eine Anpassung nach oben sinnvoll, damit Max seinen Lebensstandard halten kann. 

 

Luisa verdient 5.000 € Netto, wohnt aber in der Eigentumswohnung ihrer Eltern, für die sie keine Miete sondern nur die Nebenkosten bezahlen muss. Auch sonst ist Luisa relativ sparsam und hat in Summe nur 2.000 € an Kosten um ihren gesamten Lebensunterhalt zu finanzieren. Nach der 80%-Regel müsste sie 4.000 € BU-Rente abschließen. Da sie aber nur 2.000 € zum Leben braucht genügt die Höhe der BU-Rente in ihrem Fall.

 

Vertragsformen für deine BU

Es gibt mehrere Möglichkeiten in welche Form du deine Berufsunfähigkeitsversicherung gießen kannst. Die beliebteste Form ist wohl die sogenannte SBU (= Selbstständige Berufsunfähigkeitsversicherung) bei der du einen reinen Risikovertrag abschließt, der auf Basis deines Alters, Berufs, Gesundheitszustandes, der BU-Höhe die du ausgewählt hast und weiteren Besonderheiten basiert. Bleibst du bis zum Vertragsende gesund, hast du Geld ausgegeben und einen Risikobetrag entrichtet (übrigens wie bei deiner Hausrat, Haftpflicht, KFZ- oder Unfallversicherung auch). Tritt aber das Schadenereignis ein, erhältst du eine Leistung die dann natürlich in keiner Relation zu den eingezahlten Beiträgen steht. Eine reine Risikoversicherung eben.

 

BUZ (= Berufsunfähigkeitszusatzrente) nennen wir Fachleute eine Vertragsform, wenn die SBU an einen anderen (meist) Sparbaustein geknüpft ist. Dabei kann z.B. in der Schicht 1 ein Steuervorteil in Kombination mit der Basisrente erzielt werden. Das hat einige Vorteile, aber auch einige Nachteile, die man in der individuellen Beratung für sich klären sollte, da ich niemandem pauschal zu einem bestimmten Modell raten kann und auch möchte.

(Was übrigens auch geht: einfach beide Modelle für sein BU-Konzept zu nutzen, in dem man z.B. 2.500 € BU-Rente absichert, 1.000 € davon über die BU-Basisrente abdeckt und z.B. 1.500 € über eine SBU). Wie ihr seht, gibt es hier nicht richtig oder falsch sondern nur zum Leben der entsprechenden Person passen oder nicht passend.

 

 

Auch in Schicht 3 lässt sich die BUZ integrieren. Hier erhält man keine Steuervorteile in der Ansparphase, hat aber durch die Versteuerung nach § 22 Nr. 1 Satz 3a bb EStG, unter Einhaltung ein paar Regeln, wieder Vorteile in der Auszahlung der lebenslangen Rente. Wobei das wiederum auch nichts mit dem Anteil der BU im Vertrag zu tun hat. Grundsätzlich empfiehlt es sich häufig aus praktischen Gründen (z.B. wenn jemand in Elternzeit geht, eine längere Weltreise unternimmt oder einfach mal eine Phase im Leben hat in denen er Zahlungsschwierigkeiten hat) die BU + das Sparen getrennt voneinander zu halten, um flexibler reagieren zu können. Aber auch das ist wieder eine individuelle Geschichte, die man nur im persönlichen Termin gemeinsam erörtern sollte.

 

Beitrag für eine BU & warum andere weniger für ihre BU zahlen als du!

Kürzlich kam eine junge Frau zu mir in  die Beratung. Sie wirkte verärgert und meinte, ihre Berufsunfähigkeitsversicherung, die sie bereits vor mehreren Jahren abgeschlossen hatte, sei viel zu teuer. Ihre Freunde, mit denen sie sich verglichen hat, würden deutlich weniger zahlen als sie, obwohl diese erst vor kurzem ihre BU-Versicherung abgeschlossen hätten.

 

Ich nahm mich der Sache an, da ich schon eine leise Vorahnung hatte, wo eventuell die  Ursachen für die Unterschiede zu finden sein könnten. Nach sorgfältiger Prüfung ihrer BU erklärte sich einer ihrer Freunde bereit, mir die Vertragsunterlagen seiner (günstigeren) BU ebenfalls zukommen zu lassen. Schnell wurde klar, dass dies nicht nur ein Äpfel-Birnen-Vergleich war, sondern ihr Freund bei der Auswahl seiner BU völlig ahnungslos im Internet einfach das billigste Angebot ausgewählt hatte, ohne zu verstehen, dass es weitaus mehr bei einer BU zu beachten gibt.

 

Was war geschehen: Während meine Kundin eine recht solide und auch im Verhältnis absolut angemessene BU besaß (richtige Rentenhöhe, Möglichkeit der dynamischen Anpassung, Nachversicherungsgarantien bei besonderen Lebensereignissen, Inflationsschutz, garantierter Rentensteigung im BU Fall, Dauer bis zum 67. Lebensjahr, dem aktuell (Stand  2021) gesetzlichen Renteneintrittsalter), hatte der Freund all diese Dinge gar nicht berücksichtigt.

 

Die BU-Höhe war ähnlich, sie waren natürlich auch nicht gleich alt, die andere BU ging nur bis 65 und bot dem Kunden keinerlei Anpassungen, nicht einmal eine normale Dynamik hatte er vereinbart!!! (wtf!!) Ein weiteres Problem war folgendes: Der Versicherer war kein Versicherer, der in Maklerkreisen als BU-Versicherer bekannt war.

Es gab also jede Menge Beratungsbedarf!

 

Wie finde ich den richtigen Versicherer?

Das klingt jetzt vielleicht nach einem ungewöhnlichen Beispiel, aber ich möchte dir zeigen, dass es sehr wohl auch auf Erfahrung und Spezialisierung einer Versicherung, die Größe der Versichertengemeinschaft und auf die Qualität des Bedingungswerks in der BU ankommt.

 

Hier ein Beispiel zur Illustration:

Stell dir vor, du bist in einem Japanischen Restaurant, welches von Japanern geführt wird und einen exzellenten Ruf in Sachen Qualität und Frische genießt. Du bestellst dort Sushi. Dann kannst du dir sicher sein, dass die Köche dir in diesem Restaurant ein gutes Produkt liefern werden. Bestellst du dir jetzt im indischen Restaurant nebenan (die auf indisches Essen spezialisiert sind) Sushi, so kriegen es die Köche sicher irgendwie hin, aber die Qualität wird nicht die Gleiche sein, weil ihnen die Erfahrung fehlt oder weil die Zutaten auf die schnelle besorgt worden sind. Fraglich wäre die Kalkulation des Preises, da sie ja etwas zubereitet haben, was sie sonst nicht machen.. Ist das nachvollziehbar? So (ganz grob) ist es dann auch mit deinem BU-Versicherer. Dahinter stehen Versicherungsmathematische Themen, aber eben auch die Erfahrung, Kalkulation etc. Da du die BU im Regelfall nur einmal in deinem Leben abschließt, muss die Auswahl einfach von Anfang an sitzen.

 

Warum ist es trotzdem so schwer, den richtigen Versicherer zu finden? Weil es "harte" Vergleichskriterien gibt, die man mittels guter Software, Rating- Tarifwerkvergleichen erzeugen kann, es aber genauso "weiche" Kriterien gibt, wie z.B. die Form der Gesellschaft (Versicherung oder Verein auf Gegenseitigkeit) oder Dinge wie persönliche Erfahrungswerte.

 

Daher - suche dir jemanden, der dich dazu professionell beraten kann und dir in Fragen wie diesen zur Seite steht.

 

Warum die BU allein noch nicht ausreicht - das lebenslange BU-Konzept

Ok, nehmen wir an, du hast alle Hürden überwunden. Du hast eine Risikoprüfung gemacht, die Stellschräubchen für die Einstellung deiner persönlichen BU sind perfekt gesetzt worden und dich hat sogar ein Versicherer angenommen, mit dem du rundum glücklich bist. Von heute an bis zum 67. Lebensjahr hast du nun Versicherungsschutz und bist gerüstet. Erstmal Füße hochlegen, oder?

 

J......nein! Noch nicht. Auch, wenn das Thema gefühlt in weiter Ferne liegt, so gibt es da immer noch das Thema Altersvorsorge, das du während der gesamten Zeitdauer deines Erwerbslebens aufbauen musst. Allein dazu gehört erst einmal das Verständnis für die Rentenlücke und eine Priese Disziplin. Wirst du niemals berufsunfähig hast du Zeit und Geld, jeden Monat deine Spartöpfe zu befüllen, um dann bis zum 67. Lebensjahr genug aufgebaut zu haben, um sorgenfrei in Rente gehen zu können. Läuft alles glatt, hast du vielleicht noch eine kleine gesetzliche Rente, Riester, BAV, Lebens- /Rentenversicherungen, dein Depot, die fremdgenutzte Immobilie, die eigenen Immobilie ..und eben viele verschiedene Dinge, die zusammen ein Ganzes ergeben.

 

Wenn du jedoch berufsunfähig wirst, oder noch schlimmer, wenn du nicht erst mit 60 Jahren (das Gröbste geschafft) sondern schon mit 32 Jahren (hier hast du ja noch kaum Altersvorsorge aufgebaut) berufsunfähig wirst, haben wir ein Problem!

 

Ab dem Moment, in dem du berufsunfähig bist, erhältst du eine BU-Rente vom Versicherer, die hauptsächlich dazu dient, dein Leben aufrecht zu erhalten, die Miete oder den Immobilien-Kredit fortführen zu können, dir etwas zu Essen zu kaufen, das Auto zu bewirtschaften etc. Besonders viel für deine Altersvorsorge wirst du hier gar nicht mehr abzwacken können. Selbst die Gesetzliche Rentenversicherung bleibt dann auf dem  Niveau stehen, das du bis zum Eintritt deiner Berufsunfähigkeit erreicht hast. Das sind im Normalfall dann noch sehr wenige Rentenpunkte. Was passiert mit privaten Verträgen, Renten, deinem ETF-Depot, das du bis dahin fleißig gespart hast? In der Praxis nicht mehr allzu viel. Verträge liegen brach oder werden auch gerne in solchen Momenten gekündigt, weil sie nicht mehr bedient werden können.

 

Du hast also eine BU, und schlitterst dann mit 67 in die Altersarmmut! Es wird verschmerzbar sein, wenn du sehr spät BU wirst, aber unverzeihlich, wenn du früh BU wirst. Daher empfehle ich an dieser Stelle immer zu überlegen, ob man einfach an einen Altersvorsorgevertrag einen sogenannten "Airbag-Baustein" mit integrieren möchte. Quasi einen Booster für deine Altersvorsorge. Kurz erklärt: Ich wähle eine Rentenversicherung (z.B. mit ETF´s, als fondsgebundene Variante) und spare monatlich 100 €. Hier kann ich für ein paar Euro zusätzlich eine Beitragsbefreiung bei BU und eine Dynamik von bis zu 10% im BU-Leistungsfall einbauen. Manche Gesellschaften nennen es "Airbag", andere "Silent Power". Mir ist es relativ egal, wie es genannt wird. Wichtig ist, was es macht. Nämlich deine Rente künstlich aufblasen, sodass deine Altersvorsorge hinten auch im Falle einer Berufsunfähigkeit in ausreichender Höhe zur Verfügung steht. Unabhängig vom Staat oder äußeren Rahmenbedingungen.

 

Was es hier am Markt gibt, wie man das genau bekommt und welche Höhe für den Airbag-Baustein geeignet ist, möchte ich dir in einem separaten Artikel vorstellen. 

Für den Moment ist mir nur wichtig, dass du weißt, dass man alle Phasen des Lebens betrachten sollte, um ein lebenslanges Konzept zur BU + gleichzeitig Altersvorsorge auf die Beine zu stellen!

 

Was hat die Rechtsschutzversicherung mit BU zu tun?

Zu einem strategisch ausgeklügelten Konzept kann im Übrigen auch der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung zählen. Nicht, weil die Wahrscheinlichkeit hoch ist, dass dein Versicherer sich quer stellt, sondern, weil es Sinn macht im BU-Fall den Antrag mit einem Profi auszufüllen. In den Momenten, wenn du eine BU bei einem Versicherer beantragst, geht es dir vermutlich nicht allzu gut. In dieser Phase sollten keine Fehler passieren und ein guter Anwalt sorgt dafür, dass dein Antrag für die BU auch korrekt gestellt wird. Hättest du daran gedacht?

 

 

Was, wenn ich meine BU wechseln möchte?

Nehmen wir an, du hast bereits eine oder vielleicht sogar mehrere BU-Verträge und weißt nun, dass sowohl eine Mini-BU nichts bringt, als auch eine BU, denen wichtige Elemente fehlen, im Leistungsfall Probleme bereitet. Der kurze Weg wäre, alles zu kündigen und sich dann um einen Neuabschluss zu bemühen. Sicherer, und dazu rate ich dir auch: Erst Verträge prüfen lassen, dann eine neue anonyme Risikovoranfrage stellen, kritisch das für- und wieder prüfen und erst dann, nach Annahme bei einer neuen Versicherung, den alten Vertrag kündigen. Gehst du den Weg nicht, stehst du im worst-case mit gekündigten Verträgen da und wirst überrascht, weil dir vielleicht gar kein neuer Versicherungsschutz mehr angeboten werden kann. Das sollten wir auf jeden Fall vermeiden!

 

Aktiv werden - warum die Zeit nicht dein Freund ist..

Viele meiner Mandanten, die über Google, Instagram, oder einer persönlichen Weiterempfehlung zu mir kommen beschreiben das Gefühl so "Ich weiß schon mehrere Jahre, dass ich etwas tun muss, aber ich habe das Thema jetzt ganz lange vor mir hergeschoben und jetzt will ich es endlich angehen!". Für mich persönlich sind Themen wie Versicherungs- und Finanzkram spannende und aufregende Themen, weil ich täglich damit zu tun habe. Für dich (oder euch alle) ist es eher ein unangenehmes Übel. Von daher, bestrafe dich nicht dafür, dass du solche Themen vielleicht schon zu lange aufgeschoben hast. Ich kann wirklich nur aus den Erfahrungen all meiner Jahre als unabhängige Versicherungsmaklerin empfehlen, das Thema zeitig anzugehen.

 

Zeit ist dein Freund, wenn du z.B. Geldanlage betreibst. Aber Zeit ist nicht dein Freund, wenn es um den Abschluss einer Berufsunfähigkeitsversicherung geht, denn

  • du wirst jedes Jahr älter (und hast damit ein höheres Eintrittsalter in der BU, was den Preis beeinflusst)
  • du wirst möglicherweise von Krankheit, Verletzungen etc. heimgesucht (das Erschwert die Auswahl und Bedingungen, zu denen du angenommen werden kannst und kann sogar den Beitrag beeinflussen)

 Lass dir von mir einfach einen virtuell (liebevoll gemeinten) Arschtritt geben und kümmere dich um deine BU!

 

eure Andrea #Nerdfinanz